Lebenszeithypothesen bei Krebs

Aussagen zur "vermeintlichen" Lebenszeit aus ärztlicher Sicht

Wichtigkeit der Psychoneuroimmunologie in Bezug auf Krebserkrankungen

Lebenszeithypothesen bei Krebs
Lebenszeithypothesen bei Krebs

Mich erreichen immer wieder Patienten, die trotz Ihrer Krebsdiagnose auf psychischer Ebene stabil, hoffnungsvoll und motiviert sind. Nun kommt es häufig dazu, wie auch in einem aktuellen Fall (wobei „Fall“ nicht abwertend gemeint ist), dass sich ein Patient nach einer Zweitmeinung völlig ver- und zerstört an mich wendet, weil er mitgeteilt bekommen hat, dass seine Lebenszeit auf 6 Monate oder 1 bis 2 Jahre begrenzt sei. Ich gehe davon aus, dass Ihnen das Thema Psychoneuroimmunologie nicht fremd ist. Es ist von großer Wichtigkeit zu verstehen, was bei einem Krebspatienten, der eine derartige Aussage erhält, auf der Gefühlsebene und zwangsläufig auch auf der physischen Ebene geschieht. Das Wechselspiel zwischen Nerven, - Hormon, - und Immunsystem, welches mit derartigen Aussagen eine negative Kommunikation auf der psychoneuroimmunologischen Ebene in Gang setzt, ist für eine Genesung nicht förderlich. Ist es erforderlich, dass Krebspatienten, die sich körperlich zum „aktuellen Zeitpunkt“ noch nicht krebskrank fühlen, zudem Lebensfreude haben und lebensmotiviert sind, mit derartigen Zahlen aus der Statistik konfrontiert werden? Die zusätzlichen psychoonkologischen Stunden, die nun erforderlich werden, um die „Massenhypnose Angst“, die es nun wieder zu enthypnotisieren gilt, wären nicht erforderlich, wenn Mediziner die Patienten an der Stelle abholen, wo sie sich befinden. Mittlerweile gibt es auch für Mediziner gerade auch in Bezug auf eine Diagnoseübermittlung, hervorragende Fortbildungen. Die Aufgabe der Psychoneuroimmunologie besteht unter anderem darin, eine Entstressung des Patienten herbeizuführen. Ein Patient mit Krebsdiagnose sieht sich existenziell massiv bedroht, das verursacht Stress. Stress resultiert u. a. aus Angst, Depression und Trauma. Gerade Ängste werden mit Aussagen bezüglich der verbleibenden Lebenszeit massiv provoziert. Hat der Patient im Rahmen seiner Krebsdiagnose nun auch noch eine Angabe zu seiner "vermeintlich" verbleibenden Lebenszeit erhalten ist das Resultat davon oft, dass er sich jeden Tag mit seinem Tod beschäftigt, sozusagen ist „leben“ gar nicht mehr möglich. Hier entsteht eine sogenannte Problemtrance, der Patient befindet sich kontinuierlich in einem negativen Gedankenkarussell. Die Neuroplastizität macht es möglich, dass dieses negative Gedankenkarussell neue Bahnen bzw. neuronale Straßen im Gehirn bildet. Diese wiederum verbinden sich zu einem Netzwerk. Wenn dieses Negativnetzwerk nun ständig in Gebrauch ist, wird es immer kräftiger, fester und stärker. Sozusagen dominiert es und feuert ununterbrochen Signale ab, die sich im Wechselspiel des Nerven, - Hormon, - und des Immunsystems ungünstig auf die Genesung des Patienten auswirken. Der Cortisolspiegel ist dauerhaft bzw. chronisch erhöht, wodurch es zu einer Immunsuppression kommt. Das System ist anfällig für Viren und Bakterien. Außerdem wirkt sich chronischer Stress auch auf den Apoptosevorgang aus (Suizidprogramm, welches in jedem Menschen vorhanden ist, um entartete Zellen zu töten). Wenn Krebspatienten sich für eine onkologische Therapie entscheiden, haben sie die Hoffnung den „vorzeitig drohenden Tod“ hinauszuschieben, er möchte leben. Wenn ein Patient nun von einem Mediziner gesagt bekommt, dass er nur noch eine begrenzte Lebenszeit habe und diese auch noch in Zahlen benennt, wie es sehr häufig vorkommt, wird dem Patienten die Hoffnung auf "Leben" genommen. All diese Vorgänge beeinflussen die Lebensqualität, wodurch es zu einer schlechteren Prognose kommen kann. Meines Erachtens steht es niemandem zu, einem Patienten mitzuteilen, wie lange er eventuell noch leben darf. Ja, es gibt Studien. Allerdings gibt es auch Studien bezüglich fighting spirit, Copingstrategien und Psychoneuroimmunologie. Vor allem aber gibt es Menschen, die in keine Studie hineinpassen! Ich möchte mich nicht über einen Mediziner stellen, allerdings könnte ich dem Patienten, der mein Honorar aus seiner eigenen Tasche zahlen muss, da die Psychoonkologie im ambulanten Rahmen nicht von den Krankenkassen berücksichtigt wird und es im Rahmen der stationären Psychoonkologie massive Defizite gibt, einiges an Kosten ersparen, wenn es vonseiten der Mediziner die Möglichkeit einer kollegialen Zusammenarbeit und vor allem Akzeptanz dahingehend, dass der Körper und die Seele des Menschen als Einheit zu betrachten sind gäbe.